Archiv für den Monat: November 2018

Warum wurden die Stimmaufzeichnungen des Cockpit Voice Recorders nicht eindeutig zugeordnet?

Die Zuordnung der Stimmen des Kapitäns und des Copiloten erfolgte rein spekulativ

Wie in jedem Airbus A320 waren auch im Cockpit der abgestürzten Germanwings Maschine verschiedene Mikrophone verbaut, um die akustischen Wahrnehmungen auf dem Cockpit Voice Recorders (CVR) aufzuzeichnen.  Jedes Mikrophon ist einer eigenen Spur auf dem CVR, mit einer Aufnahmedauer von 30 Minuten, zugeordnet.

Die verschiedenen Mikrophone zeichnen die Kommunikation der Piloten und jegliche Arten von Geräuschen im Cockpit auf. Zu diesen Geräuschen gehören zum Beispiel Alarme im Cockpit, Verstellungen an den Bedienknöpfen im Cockpit, soweit akustisch wahrnehmbar, Verstellungen an den Pilotensitzen und das Schliessen und Öffnen der Cockpit Türe, etc.

Auch bei akustischer Aufzeichnung der Öffnung und Schliessung der Cockpit Tür kann nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden, dass jemand das Cockpit verlässt oder hineingeht. Dies wäre nur mittels Videozeichnungen möglich, die es aber nicht gibt.

Auf Seite HA 05111 der französischen Ermittlungsakte, deutsche Übersetzung, wird bei der Abhörung des CVR’s am 26. März 2015 durch Gendarmen der Luftverkehrs-Gendarmerie SRTA Paris-Charles-De-Gaulle, folgende Zuordnung der Mikrophone und somit der Spuren getroffen und dokumentiert: „Die Spuren 1 und 2 entsprechen den Helmmikros des Flugkapitäns und des Copiloten.“ Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass die Spur 1 dem Flugkapitän und die Spur 2 dem Copiloten zugeordnet wird.

Hingegen werden auf Seite HA 05129 der gleichen Ermittlungsakte, Abhörung des CVR’s am 28. März 2015 durch Gendarmen, vier Ingenieure der BEA und einer Person deutscher Abstammung bei der Luftverkehrs-Gendarmerie SRTA Paris-Charles-De-Gaulle, die Mikrophone und damit die Spurenbelegungen genau anderes herum zugeordnet. Dort ist protokolliert:

Spur 1: Headset des Copiloten

Spur 2: Headset des Kapitäns

Um zweifelsfrei nachzuweisen und sicherzustellen, dass der Copilot Andreas Lubitz und der Kapitän Patrick Sondenheimer tatsächlich in den letzten 30 Minuten im Cockpit anwesend waren, hätte eine Stimmenidentifizierung durchführt werden müssen. Dazu hätte man den engsten Angehörigen, d. h. den Eltern des Copiloten und der Kapitänsgattin, die Cockpit Voice Recorder Aufzeichnungen vorspielen müssen.

Die Realität sah aber anders aus: Bei einer Abhörung des CVR’s am 28. März 2015 bei der Luftverkehrs-Gendarmerie SRTA Paris-Charles-De-Gaulle kommt man gemäss HA 05127 zu folgendem Schluss: „Da einige Spuren schwer verständlich sind, wird die Sitzung unterbrochen, um den betreffenden Stimmauszug abzuklären. Aufgrund der bei diesen Arbeiten zusammengetragenen Sachverhaltsmerkmale können wir vermuten, dass die kräftigere von den verschiedenen Spuren erfasste Stimme, die des Flugkapitäns ist.“

Dies wird bestätigt in einer weiteren Anhörung durch Gendarmen des Luftverkehrs-Gendarmerie SRTA Paris-Charles-De-Gaulle am 28. Mai 2015. Auf Seite HA 05266 der französischen Ermittlungsakte ist protokolliert:  „Wir legen fest, dass die von den verschiedenen Spuren ausgegebene (muss wahrscheinlich heissen ausgehende) starke Stimme die des Flugkapitäns, Herrn Sondenheimer ist, und die schwache Stimme die von Herrn Lubitz.“

Aus Sicht der Eltern von Andreas Lubitz sei folgendes angemerkt:

  1. Andreas Lubitz hatte eine normale männliche Stimme. Die Aussage er hätte eine schwache Stimme gehabt, ist rein spekulativ und nicht belegt.
  2. Die Eltern von Andreas Lubitz haben sich an verschiedene Institutionen gewandt, um persönlich den Cockpit Voice Recorder anzuhören und somit zu einer Stimmenidentifizierung beizutragen. Im Einzelnen waren dies die:
  • BFU (Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung) in Deutschland
  • die Staatsanwaltschaft Düsseldorf und
  • die BEA (Bureau d’Enquêtes et d’Analyses pour la sécurité de l’aviation
    civile) in Frankreich.

All diese Anfragen wurden ohne nachvollziehbare Erklärung abgelehnt.

Auf Nachfrage der Eltern von Andreas Lubitz bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf wurde ihnen mitgeteilt, dass die deutschen Untersuchungsbehörden niemals im Besitz der Original Cockpit Voice Recorder Aufzeichnungen oder einer Kopie waren. Den deutschen Untersuchungsbehörden wurde dieses wichtige Dokument der Flugunfalluntersuchung nicht zur Verfügung gestellt…

L.U.

 

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